Messenger-Klassenchats – verantwortungsvoll miteinander kommunizieren

Referent: Jörg Kratzsch, Servicestelle Kinder- und Jugendschutz von fjp>media

Mit dem Thema „Messenger-Klassenchats“ startete unsere erste Webseminar-Reihe mit dem Titel „Kinder und Jugendliche Online – im Spannungsfeld zwischen Gefährdung und Chance“. Sowohl Lehrkräfte, Eltern, Medienpädagog*innen als auch Schulsozialarbeitende und Fachkräfte aus der Jugendhilfe fanden den Weg in die Online-Fortbildung. Jugendmedienschutzreferent Jörg Kratzsch von der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz (fjp>media) bekräftigte zu Beginn des Webseminars die Bedeutung von Messenger-Diensten für Heranwachsende mit aktuellen Zahlen der JIM-PlusStudie 2020. Im Anschluss ging Kratzsch auf  Potenziale und Risiken der Online-Kommunikation mit Messenger-Apps ein. Neben den positiven Aspekten, wie Absprachen und Termine, Austausch zu schulischen Inhalten, Stärkung des Klassengefüges, Unterhaltung sowie Informationsaustausch wurden vor allem folgende Gefährdungsaspekte der virtuellen Kommunikation beleuchtet:

  • Challenges
  • Hate Speech / Misogynie
  • Verherrlichung von Drogenkonsum
  • Kettenbriefe
  • Mobbing
  • Sexting
  • Phänomen FOMO (Fear of Missing Out) und dauerhafte Nutzung der Kommunikationsplattformen

Trotz der vielerlei Risikofaktoren verwies Kratzsch auf die UN-Kinderrechtskonvention und das dort verankerte Recht der jungen Menschen auf zeitgemäße Mediennutzung und damit verbundene gesellschaftliche Teilhabe. „In diesem komplexen Spannungsverhältnis sollte das Medienhandeln von Kindern und Jugendlichen im Bildungs- und Erziehungskontext betrachtet werden“, so Kratzsch. 

WhatsApp, als Tochterfirma von Facebook, ist unbestritten die beliebteste App bei Kindern und Jugendlichen. Daher stand im zweiten Teil des Vortrags die Messenger-Plattform im Fokus der Diskussion. Vor allem die Marktmacht und die damit verbundenen datenschutzrechtlichen Vorbehalte wurden sowohl von Jörg Kratzsch als auch von den Teilnehmenden thematisiert. Aus medienpädagogischer Perspektive wäre es wichtig, Heranwachsende für das Thema ‚Datenschutz‘ und ‚Datensparsamkeit‘ zu sensibilisieren und auf zahlreich vorhandenen WhatsApp-Alternativen hinzuweisen. Darüber hinaus machte Kratzsch deutlich, dass auch Eltern stärker bei Aufsicht, Kontrolle und Gefahrenabwendung in Zusammenhang mit der digital-vernetzten Kommunikation in die Pflicht genommen werden sollten. Inwiefern Eltern ihre Kinder bei der Nutzung eines Smartphones begleiten und beaufsichtigen sollten, hat bereits 2017 das Amtsgericht Bad Hersfeld deutlich gemacht.

Eltern nehmen eine Schlüsselposition in der Medienerziehung ein und benötigen wie ihre Kinder medienpädagogische Unterstützung. Elternabende, Informationsangebote oder Eltern-Kind-Nachmittage sind geeignete Formate, um die Erziehenden für das Thema zu sensibilisieren sowie den Austausch mit anderen Eltern und Kindern zu ermöglichen. Ein Schulsozialpädagoge plädierte dafür, den Peer-Education-Ansatz (Media-Scouts) weiter zu denken und Schüler*innen als Multiplikatoren*innen für die Elternarbeit zu nutzen.

Daraufhin  wurde die WhtasApp-Nutzung im Bildungskontext unter den Teilnehmenden intensiv diskutiert. Im Ergebnis konnten einige wesentliche Aspekte herausgearbeitet werden. Laut Erlass des Bildungsministeriums (2014) ist die Nutzung Sozialer Netzwerke im schulischen Kontext untersagt.

Trotz vereinzelter Handyverbote an Schulen existieren dennoch Klassenchats, welche in der Regel außerhalb der Schule genutzt werden. Diese haben zwangsläufig positive als auch negative Auswirkungen auf den schulischen Alltag. Dieser Umstand zeigt wiederholt, dass ein generelles Handy-Verbot das problematische Medienhandeln ins Private verlagert und damit unter Umständen das Gefahrenpotenzial erhöht wird. Daher ist es notwendig, schon frühzeitig Heranwachsenden über Potenziale und Risiken aufzuklären und verbindliche Regeln für WhatsApp- bzw. Handynutzung zu vereinbaren.

Die Medienpädagogin Jacqueline Hain vom Ökumenischen Domgymnasium Magdeburg brachte mit dem Chatbeitrag die rechtliche Problematik auf den Punkt: „Bei uns an der Schule machen wir ganz deutlich, dass ein Chat eine Privatangelegenheit und dort keine schulorganisatorische Dinge geteilt werden sollten (Wir wollen niemanden ausschließen). Klassenchats können über Schulplattformen wie bspw. Moodle erfolgen. Da sind dann alle SuS drin.“

An der anderen Stelle verwies Jacqueline Hain auf die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen und stellte die Bedeutung einer frühzeitigen Präventionsarbeit heraus: „Wir wollen ja die Gruppenchats nicht schlecht machen. Die soll es geben und sind auch in vielen Situationen sinnvoll genutzt … Wichtig ist, dass wir früh genug mit der Aufklärung anfangen.“

Tipps für pädagogische Fachkräfte und Eltern

Im letzten Teil des Webseminars gab Jörg Kratzsch den Teilnehmenden einige hilfreiche Tipps für den Umgang mit (Klassen-)Chats mit.

  • (selbst-)reflexiv das Mediennutzungsverhalten prüfen
  • bewusst „Aus-Zeiten“ festlegen
  • Nutzungsverhalten zum Thema machen
    Ergebnisse der Digital Wellbeeing- / Screen Time-App auswerten
  • als Erwachsener bei der Mediennutzung „Vorbild sein“

Zum Ende des Webseminars trugen die Teilnehmenden in einer Mentimeter-Umfrage die für Sie wichtigsten Klassenchatregeln zusammen. Die Ergebnisse spiegeln die Erfahrungen der pädagogischen Fachkräfte mit Messenger-Klassenchats wieder. Netiquette und wertschätzender Umgang, Verzicht auf Kettenbriefe und Spam sowie die Beachtung der Persönlichkeitsrechte aller Chat-Mitglieder waren die häufigsten Nennungen unter den Befragten. Weitere Vorschläge für Regeln im Klassenchat können der Präsentation von Jörg Kratzsch entnommen werden.