6. Netzwerktagung Medienkompetenz Sachsen-Anhalt – Medien, Vielfalt, Orientierung – eine Nachlese
Am 12. und 13. Oktober 2021 trafen sich Interessierte aus Wissenschaft, Politik und Bildungspraxis in der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften, um sich bei der 6. Netzwerktagung Medienkompetenz Sachsen-Anhalt über Perspektiven für Medienbildung im Bundesland und darüber hinaus auszutauschen. In Impulsvorträgen, Diskussionsrunden und Workshops wurden unter den Themenschwerpunkten medien | vielfalt | orientierung Licht- und Schattenseiten der digitalen Welt diskutiert.
Das wesentliche Ziel der Netzwerktagung bestand darin, einen interdisziplinären Austausch zum Thema Digitalisierung und Bildung anzuregen. Bernd Schlömer, Staatssekretär im Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt hielt bei seinem ersten öffentlichen Auftritt fest, dass die Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz eine entscheidende Herausforderung innerhalb der gesamten Bildungskette darstelle. Vor allem junge Menschen müssten, so Schlömer, vor Gefahren und Risiken des Internets geschützt werden. Dennoch unterstrich er die Bedeutung der digital-vernetzten Technologien als Werkzeug für Bildung und Teilhabe in einer demokratischen Gesellschaft.
Medienbildung im Elementarbereich
Prof. Dr. Annette Schmitt von der Hochschule Magdeburg-Stendal gab anschließend mit ihrem Impulsvortrag: „Ressourcen, Chancen, Hürden – frühe Medienbildung reflektiert gestalten“ einen thematischen Input über die Herausforderungen, mit denen sich pädagogische Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung im Kontext der Digitalisierung auseinandersetzen müssen. Hierbei erklärte sie, dass die Nutzung digitaler Medien keine „richtig-oder-falsch-Entscheidung“ sei. Medien wären ein Teil der kindlichen Lebenswelt und müssten als solches behandelt werden. Dafür empfiehlt Prof. Dr. Schmitt ein „intelligentes Risikomanagement“ und betont, dass ein Komplettverbot digitaler Medien einen Eingriff in die Kinderrechte bedeuten würde. Es gebe keine „Patentlösung“ für den Umgang mit Medien. In der Praxis müssten individuelle Lösungen, in Bezug auf die Haltung im pädagogischen Team, die Elternschaft und die Kinder sowie den sozial-räumlichen Kontext der Einrichtung, gefunden werden. Dafür ist es nötig, dass Pädagoginnen und Pädagogen in Kitas die eigenen beruflichen und biographischen Hintergründe analysieren, reflektieren und passgenaue Lösungsansätze schaffen. Im daran anknüpfenden Panel mit dem Titel „Medienpädagogisches Handeln im Elementarbereich – Kinder, Familien und Fachkräfte im Blick“ wurden diese Aussagen mit Fachleuten aus Theorie und Praxis weiter vertieft. Parallel dazu fand das Panel „Teilhabe, Orientierung und Schutz – Medienkompetenzförderung (k)ein Gegenstand der Kinder- und Jugendarbeit“ statt. Dort wurde diskutiert, was nachhaltige und zeitgemäße Jugendarbeit sowohl vor Ort als auch digital braucht. Es war festzustellen, dass strukturelle Entscheidungen seitens der Politik nötig sind, um dieses Ziel zu erreichen. Die anschließenden vier thematischen Workshoprunden vertieften die beiden Panel-Themen in den Bereichen Organisationsentwicklung und Methodenanwendung.
Inklusion in digtialen Welten
Prof. Dr. Katrin Schlör von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg hielt am zweiten Veranstaltungstag den Impulsvortrag mit dem Titel: „Teilhabe in, mit und durch Medien – digitalisierte Medienwelten gestalten“. Hierbei stellte sie das Phänomen „Digital Divide“, also den ungleichen Zugang zu digitaler Informationstechnologie, vor. Digitale Ungerechtigkeit sei insbesondere in der Pandemie offensichtlich geworden. Als Lösungsansatz präsentierte sie den Ansatz „Teilhabe in, mit und durch Medien“. Es sei wichtig, dass soziale Gruppen in Medien gemäß der demografischen Verteilung repräsentiert werden, was vielfältigere Redaktionen notwendig mache. Medien müssten barrierefrei gestaltet werden, sodass Menschen mit Beeinträchtigungen auch die Möglichkeit der digitalen Teilhabe bekommen. Insgesamt sollten Kommunikationstechnologien marginalisierten Gruppen die Möglichkeit eröffnen, an öffentlichen Diskursen zu partizipieren und diese mitgestalten zu können. Die daran anknüpfende Panelrunde mit dem Titel „Digitale Teilhabe – Potenziale und Grenzen inklusiver Medienbildung“ versammelte Expertinnen und Experten aus der Praxis, die über gelungene Ansätze für inklusive (Medien-)bildung diskutierten und gleichzeitig Stolpersteine bei der Gestaltung einer chancengerechten Gesellschaft aufzeigten. Währenddessen lief das Panel „Jugendmedienschutz online: Neue rechtliche Regelungen – mehr Schutz für Kinder und Jugendliche?“, worin über das seit dem 1. Mai 2021 geltende reformierte Jugendschutzgesetz (JuSchG) gesprochen wurde.
Am Nachmittag konnten die Teilnehmenden der Tagung dann erneut in praxisorientierten Workshops selbst aktiv werden. Hier erhielten sie Ideen, Ansätze und Konzepte für ihre tägliche Arbeit. Von den Impulsen über die Panels bis hin zu den Workshops konnte somit der Transfer von der Theorie zur Praxis vollzogen werden.
Stand der Politik
Leidenschaftlich und kontrovers ging es am zweiten Veranstaltungstag bei der Diskussionsrunde mit den politischen Vertreterinnen und Vertretern aus dem Landtag zu. Die Podiumsgäste waren sich jedoch einig, dass Medienkompetenzvermittlung so früh wie möglich, bereits im Elementarbereich, angesiedelt werden sollte. Dafür sei es notwendig, dass technische Infrastruktur und personelle Ressourcen möglichst unkompliziert zur Verfügung gestellt und genutzt werden können. Die Defizite im schulischen Bereich wurden ebenso angesprochen und rege diskutiert. Politikerinnen und Politiker plädierten dafür, für Zeiten des Lehrkräftemangels externe Unterstützung im Bereich Digitalisierung und Medienkompetenzvermittlung zu suchen, um den raschen Wandel in der Bildung bewältigen zu können. Sowohl die Vertreterinnen und Vertreter der Koalitions- als auch der Oppositionsparteien gingen selbstkritisch mit ihren bisherigen bildungspolitischen Vorhaben um und mahnten die mangelnde Geschwindigkeit bei Entscheidungsprozessen an. Politisch Verantwortliche müssten stärker die Impulse aus der pädagogischen Praxis bei ihrer Arbeit berücksichtigen. Hierfür gebe es bereits eine Reihe von engagierten Akteuren im Land, die sich für Medienbildung einsetzen und das Thema in ihre tägliche Arbeit implementieren. Die schwierigen strukturellen und finanziellen Bedingungen für medienpädagogische Aktivitäten stellen häufig eine Hürde dar, die es künftig im
Austausch zu überwinden gilt, so die zentrale Erkenntnis der Diskussion. Diese wird von den Entscheidungsträgern nach Magdeburg mitgenommen, um Lösungsansätze zu erarbeiten.